Ernährungspyramiden haben eine recht gemischte Geschichte, nicht nur weil gerade in der Ernährungsmedizin viele Erkenntnisse Althergebrachtes in Frage stellen, sondern auch weil diesen oft anhaftet, dass die Lebensmittelindustrie ein gewichtiges Wort mitspricht. Und damit ist bei weitem nicht nur die Zuckerindustrie im Fokus, die in der Vergangenheit wiederholt fragwürdige Studien über mögliche Gesundheitsschädlichkeit von Zuckerersatzstoffen gefördert hat und diese auch medienwirksam breit gestreut hat. So machen Ernährungsforscher die seinerzeitige große Bedeutung für Zerealien neben dem zu hohen Zuckerkonsum mit verantwortlich für die Zunahme an der Übergewicht-Epidemie und auch der hohe Anteil an Milchprodukten ist ernährungswissenschaftlich mittlerweile umstritten..
Wie würde die offizielle Ernährungspyramide aussehen, wenn sie neben der Gesundheit auch die planetaren Grenzen berücksichtigen würde? Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich hat mit ExpertInnen der Wirtschaftsuniversität die Antwort gesucht – und präsentiert heute konkrete Vorschläge für eine Reform der offiziellen Ernährungsempfehlungen auf Basis einer neuen Studie.
"Eine gesunde, ausgewogene Ernährung mit möglichst geringen Folgen für die Umwelt ist auch in Österreich möglich. Der größte Hebel ist eine starke Reduktion tierischer Lebensmittel", erklärt Pegah Bayaty vom WWF Österreich. Stattdessen sollte vermehrt auf pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte gesetzt werden. "Österreich braucht dringend eine Ernährungswende für gesunde Menschen und eine gesunde Umwelt. Das beginnt bei der offiziellen Ernährungspyramide, die in Zukunft nicht nur gesundheitlichen, sondern auch ökologischen Kriterien gerecht werden muss", fordert Pegah Bayaty.
Hier muss man allerdings anmerken, dass sich das Angebot von heimischen pflanzlichen Lebensmitteln in der kalten Jahreszeit nicht nur durch den Klimawandel verändert hat, und in diesem Fall durchaus positiv. Gerade dieses Jahr mit den immens gestiegenen Energiepreisen hat ja gezeigt, dass man bei der Produktion in Glashäusern einen keineswegs vernachlässigbaren Energieverbrauch ha, der leider großteils noch aus fossilen Energieträgern stammt und somit oft nicht umweltfreundlicher ist, als Obst oder Gemüse aus südlichen Regionen zu transprotieren. Dies hat sich vergangenen Winter etwa bei Paradeisern auch in den Preisen deutlich gezeigt.
Die Produktion tierischer Lebensmittel sprengt auch in dieser Studei die ökologischen Belastungsgrenzen. "Die Folgen unseres hohen Fleischkonsums sind unübersehbar: Treibhausgasemissionen, Verlust biologischer Vielfalt, großer Flächenbedarf und der Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln”, mahnt Pegah Bayaty. Die Empfehlung der sogenannten 'Ernährungspyramide 2.0' lautet daher: Die Hälfte weniger Fleisch, Fisch und Eier und zwei Drittel weniger Milchprodukte. Dafür mehr Hülsenfrüchte, Nüsse und pflanzliche Fette – um die Energie- und Eiweißversorgung auf dem Niveau der aktuellen Ernährungspyramide beizubehalten.
Hier sei aus ernährungswissenschaftliche Sicht allerdings anzumerken, dass pflanzliche Fette nicht gleich gesund und ökologisch bedeutet, bei den meisten handelt es sich um höchstverarbeitete Lebensmittel, was sowohl gesundheitlich wie auch ökologisch fragwürdig ist. Und gerade gehärtete Pflanzenfette stehen seit Jahren im Verdacht, zahlreiche negative gesundheitliche Auswirkungen zu haben. Auch bleibt ein anderer wichtiger Faktor unberücksichtigt, der eine wichtige Rolle bei der schlechten Ökobilanz tierischer Lebensmittel spielt: Unsere Gesellschaft hat hier ihre Gewohnheiten stark geändert und wenn heute etwa zu Fleisch gegriffen wird, sind es überwiegend die Top-Cuts, etwa Filet, Entrecote oder Hühnerbrust - möglichst ohne Haut und Knochen. Der Rest landet oft in Industrieprodukten, Tiernahrung oder wird entsorgt, denn Recycing oder Kompostierung sind ja leider nicht möglich. Hier leiße sich durch bewusstes 'Nose-to-Tail' Konsumverhalten der ökologische Fussabdruck signifikant reduzieren.
Die Ergebnisse der Studie, die Martin Bruckner vom Institut für Ecological Economics der WU Wien im Auftrag des WWF erstellt hat, auf Portionen umgerechnet bedeutet: im Schnitt maximal eine Portion rotes Fleisch alle zwei Wochen und pro Woche höchstens eine Portion fettarmes, weißes Fleisch, dazu ein bis zwei Eier. Auch der Konsum von Milchprodukten sollte laut der Studie von derzeit drei Portionen auf eine Portion täglich sinken. Im Gegenzug sollte neben einem hohen Anteil von Obst und Gemüse der Anteil von Getreide, Nüssen und Pflanzenölen steigen – zum Vorteil der Umwelt.
Fünf-Punkte-Plan für eine Ernährungswende
Um die dringend nötige Ernährungswende in Österreich einzuleiten, fordert der WWF von der Politik fünf wesentliche Maßnahmen: Neben einer Reform der Ernährungspyramide muss die regierende Politik Lebensmittelverschwendung bis 2030 zumindest halbieren, den Schutz wertvoller Böden vertraglich verankern um wertvolle Ackerflächen zu erhalten, Ernährungsbildung als Schulfach einführen und öko-sozial umsteuern – etwa durch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte. [kjz]

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