
© Kiki Kogelnik Foundation |
|
Kiki Kogelnik (1935–1997) ist eine der bedeutendsten in Österreich geborenen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Sie gilt heute als die einzige österreichische Protagonistin der Pop-Art, ihre Kunst geht jedoch weit über diese Kategorisierung hinaus. Ihr spielerisches, farbenfrohes und hochpolitisches Werk reicht von Malerei, Zeichnung, Keramik und Installation bis hin zu performativen Praktiken und weist in seinen Themenstellungen eine erstaunliche Aktualität auf.     |
|
Nach ihrem Studium an der Akademie für angewandte Kunst und der Akademie der bildenden Künste in den 1950er-Jahren in Wien, gehört Kogelnik zur jungen St. Stephan Gruppe. Extensive Reisen durch Europa und eine Liebesbeziehung mit dem US-amerikanischen Künstler Sam Francis bewogen die Künstlerin 1962 nach New York, die neue Welthauptstadt der Kunst, zu ziehen, wo sie Bekanntschaft mit der Pop-Art-Szene um Andy Warhol machte und Kontakte und Freundschaften zu Künstlerinnen und Künstlern wie Roy Liechtenstein, Claes Oldenburg, Niki de Saint Phalle und Carolee Schneemann pflegte. Fortan lebte und arbeitete sie auf beiden Seiten des Atlantiks: in New York, Wien und Bleiburg.
Die Schau setzt mit den abstrakten, lebensbejahenden Bildern, die Kogelnik 1961 in ihrer ersten Einzelausstellung in der Galerie St. Stephan präsentierte, ein. „Selten ging es jedenfalls so heiter an den Wänden der Galerie St. Stephan zu,“ heißt es dazu in der Tagezeitung „Die Presse“ im Oktober 1961. Der Hauptraum widmet sich der Zeit ab 1962, als Kogelnik sich in New York niederlässt und dort unter dem Eindruck einer völlig neuen Formen- und Warenwelt ein malerisches und skulpturales Werk entwickelt, das Ende der 1960er-Jahre in den berühmten „Hangings“ – Körperumrisse aus Vinyl, die sie auf Kleiderhaken hängt – mündet. Weltraumfahrt, Roboter und die Beziehung Mensch/Maschine sind weitere wichtige Themen dieses Jahrzehnts und werden in einem eigenen Raum thematisiert: Kogelnik ortet diese Schwingungen und macht sich daran, Vor- wie Nachteile von neuer Technologie und Diagnostik in ihrem Werk zu analysieren. Früh findet sie zu der Erkenntnis, dass die Technik nur einem mündigen Menschen wirklich gute Dienste leistet.
In den 1970er-Jahren schlägt Kogelnik in ihren „Frauenbildern“ einen feministisch-kämpferischen Ton an, wenn sie beispielsweise die eindimensionalen Rollen, welche die Gesellschaft „der Frau“ zuweist, zum Thema macht. Ihre eigene Identität als Künstlerin, Mutter und Frau benutzt Kogelnik wie eine Schablone, um allgemeine Aussagen zum Zustand der patriarchalen Gesellschaft zu tätigen.
Ihr stets neugieriger und experimenteller Umgang mit künstlerischem Arbeitsmaterial führt sie Mitte der 1970er-Jahre zur Beschäftigung mit Keramik und später dann, in den 1990er-Jahren, mit Glas. „Kunst kommt von künstlich“ konstatiert Kogelnik 1967, dies trifft vor allem auch auf die in den 1980er-Jahren auftretende Tier-Motivik zu. Tiere wie auch menschliche Figuren begreift Kogelnik als „Einwohner einer künstlichen Welt – meiner Welt“, die sie mittels ihrer Kunst erschafft und stets zu erweitern versucht. Das Selbstporträt und die Maske, das komplexe und sich gegenseitig bedingende Verhältnis von Leben und Tod sowie ein Kunstbegriff, der Kunst und Leben verschränkt und Denkanstöße für alle liefert, bleiben durchwegs ein Anliegen und ziehen sich durch Kogelniks gesamtes künstlerisches Schaffen.
Warum ist das Werk von Kiki Kogelnik heute derart relevant? Das wohl stärkste Argument hierfür ist die Aktualität und visionäre Vorwegnahme von Themen. „Now Is the Time“: Die Zeit ist reif für die systematische Betrachtung eines Gesamtwerks, das sich mit den Errungenschaften und Auswüchsen der Konsumgesellschaft, dem Nutzen und den Problemen von technischem Fortschritt, Medizin und Diagnostik sowie, immer und immer wieder, mit dem weiblichem Körper als Untersuchungsgegenstand auseinandersetzt – Jahrzehnte vor den heute omnipräsenten Diskursen zu Geschlechtergerechtigkeit und sexueller Identität, medizinischer Ethik, Produktionsbedingungen, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Wie ein Seismograf aus der Zukunft ortet Kogelnik früh diese Schwingungen und Diskurse und macht sie in ihrer Kunst zum Thema. „...she undoubtedly is the girl of the future“ heißt es 1966 in der Modefachzeitschrift „WWD – Women’s Wear Daily“. Die Ausstellung möchte die Aufmerksamkeit dabei jedoch weniger auf Kogelnik als Person als mehr auf ihr künstlerisches Werk richten, das feministisches Anliegen mit Technik-Interesse und -Skepsis amalgamiert und formal opulent und einprägsam ist.
Diese sehenswerte Ausstellung entstand in enger Kooperation mit der Kiki Kogelnik Foundation und wurde gemeinsam mit dem Kunstmuseum Brandts (Odense/Dänemark) und dem Kunsthaus Zürich (Schweiz) organisiert, wo sie anschließend auch zu sehen sein wird. Wieso die Werkbeschreibungen teilweise nicht zu finden bzw. nicht zuzuordnen sind, ist wie immer ein kleines Mysterium. [pge]

© Kiki Kogelnik Foundation

© Kiki Kogelnik Foundation
|